Wednesday, October 26, 2005

The Day After Tomorrow

Directed by Roland Emmerich

Roland Emmerich ist ein bekennender Gigantomane.
Der schwäbische Regisseur, hat noch nie gekleckert – Klotzen im ganz großen Stil ist sein Markenzeichen.
Mit dem Katastrophenfilm "The Day After Tomorrow" versucht er, sich selbst in den Schatten zu stellen und den Begriff des Blockbusters neu zu definieren.
Mit atemberaubenden Effekten will er die Welt verblüffen. Das gelingt sogar teilweise.
Der Klimatologe Jack Hall (Dennis Quaid) warnt seit jeher vor den Folgen der globalen Ausbeutung der Ressourcen und dem damit einhergehenden Eingriff in das Klimagefüge der Erde.
Laut seiner Theorie steht der Menschheit sogar eine neue Eiszeit bevor – allerdings rechnet er damit erst in Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten. Die Realität holt den Professor früher ein, als er es sich vorgestellt hätte.
Innerhalb von Wochen gerät das Weltklima vollkommen aus den Fugen. Tornados toben rund um den Erdball, über Tokio geht ein mörderischer Hagelsturm nieder und in Neu-Delhi fängt es plötzlich an zu schneien. Trotz der Warnungen Halls sieht die amerikanische Regierung keinen Grund zum Handeln und nimmt seine Vorhersagen nicht ernst. Erst als es fast zu spät ist, sollen Hall und sein Team, retten, was zu retten ist. Während der Klimaexperte mit der Koordination der Maßnahmen beschäftigt ist, muss er sich auch noch große Sorgen um seinen 17-jährigen Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) machen. Der steckt in New York, das gerade von einer gigantischen Flutwelle heimgesucht wurde, fest. Durch einen endzeitlichen Kälteeinbruch droht der Big Apple zum tödlichen Mega-Gefrierschrank zu werden. Hall will sein Versprechen, seinen Sohn aus der Eishölle herauszuholen, nicht brechen....
So ist die Handlung doch eher typisch als außergewöhnlich geraten.
Die größten Trümpfe, die "The Day After Tomorrow" interessant machen, sind ohne Zweifel diese größtenteils grandios konstruierten Bilder der globalen Zerstörung vor dem Hintergrund weltbekannter Monumente und Kulissen.
Selten hat man Katastrophen von solch gigantischem Ausmaß gesehen, welche dazu noch so täuschend echt daher kamen. Die Effekte sind einfach bahnbrechend und können auf ganzer Linie überzeugen. Ob die Flutwelle in New York oder die Tornados in Los Angeles, Emmerich hat das Ganze so grandios in Szene gesetzt, dass man als Zuschauer das Gefühl hat, man säße nicht im gemütlichen Kinosessel, sondern befände sich am Ort des Geschehens.
In diesen Szenen entfaltet der Film seine brutale, mitreißende Wucht. Der Zuschauer kann sich genüsslich an der Katastrophe weiden und seinem Voyerismus, der wohl in jedem steckt, nach Herzenslust frönen. Hurra, es ist Weltuntergang und du bist dabei.

3 von 5 Sternen

Hollywood Cops

Directed by Ron Shelton

Wirtschaftskrise im Kino.
Sogar Polizisten brauchen mittlerweile mehr Geld, gerade wenn sie älter sind, ihren Kindern Unterhalt zahlen oder mal die Gattin wechseln.
Also macht der mit allen Wassern gewaschene Cop Joe Gavilan (Harrison Ford) einen Fernkurs als Immobilienmakler und versucht, dabei endlich den großen Coup zu landen. Sein Partner K. C. Calden (Josh Hartnett) jobbt als Yogalehrer.
Denn auch junge Polizisten wollen schicke Autos, und K. C. will außerdem Schauspieler werden, wenn er schon der Hollywood Division zugeteilt ist.
Also zitiert er während wilder Verfolgungsjagden Tennessee Williams, versucht Marlon Brando zu ähneln und widmet sich nach Dienstschluss der sexuellen Recherche.
Da bleibt wenig Energie zur Aufklärung der Morde in einem HipHop-Club.
In dem Club hat sich ein Anschlag auf eine komplette Rapformation ereignet, und so sehen beide Cops ihre Chance gekommen: Joe hofft, endlich einen Interessenten für ein besonders attraktives Haus zu finden und K.C. glaubt, hier die richtigen Leute zu treffen, die ihm bei seiner Schauspielerlaufbahn helfen können. Und so hetzen die beiden von einem Termin zum nächsten. Vom Hausbesichtigungstermin zur Autopsie, vom Verhör zum Yogaunterricht - immer auf der Spur potentieller Käufer, einflussreicher Agenten und möglicher Verdächtiger.
Aber das Gewitter von Gags, die hier herniederprasseln, lässt sowieso kaum Zeit, sich zu sehr mit kriminellen Aspekten zu befassen.
So ist nicht nur die Lösung des Falls eine ausgelassene Verquickung unterschiedlicher Interessen, sondern die ganze Komödie ein Geniestreich des Regisseurs Ron Shelton.
Was jedoch durch eine allzu vorhersehbare Storyline kaputt gemacht wird, fangen die beiden Hauptdarsteller durch ihr herrliches Zusammenspiel wieder auf.
Die Chemie zwischen den beiden stimmt. Man merkt ihnen an, dass sie bei den Dreharbeiten eine Menge Spaß hatten.
Einen dicken Pluspunkt verdient „Hollywood Cops“ durch die herrlich ironischen Seitenhiebe auf die Filmkonkurrenz.
Rasante Highspeed-Verfolgungsjagden sind im Genre der Action-Komödien Standart. Was macht ein findiger Autor, wenn ihm dieser Trend gegen den Strich geht?
Er baut in seinem Film Verfolgungen mit Minivans, Kinderfahrrädern und Tretbooten ein!
Es sind diese versteckten Kleinigkeiten, die dem Durchschnittskinogänger unter Umständen nicht einmal auffallen werden, die "Hollywood Cops" auszeichnen. Polizisten, die wenn sie bei ihren Ermittlungen in eine Sackgasse geraten Hilfe bei einer Hellseherin suchen, der Handyklingelton, der Joe Gavilan förmlich eintrichtert, was ihm noch fehlt, der Undercover-Agent, der sich als Transvestit verkleidet - "Hollywood Cops" nimmt weder sich selbst noch sein gesamtes Genre ernst und ist eben deshalb sympathisch.

4 von 5 Sternen

Monday, October 24, 2005

The Others

Directed by Alejandro Amenábar

England, Kanalinsel Jersay, 1945.
Grace (Nicole Kidman), die Lady des Hauses, wohnt mit ihren 2 Kindern
Anne und Nicolas allein in einem alten Gemäuer, seit ihr Mann Charles in den Krieg gezogen ist und ihr die letzten Dienstboten weggelaufen sind.
Wegen einer mysteriösen Lichtallergie der Kinder müssen die Räume des Hauses von Tageslicht komplett abgeschottet werden. Lärm ist auch nicht erwünscht, sonst wird die migräneanfällige Hausherrin ungemütlich.
Die 3 neuen Bediensteten, die sich bei ihr melden, werden sofort in die Regeln des Haushalts eingeführt, die sklavisch zu befolgen sind:
Alle Zimmer müssen immer mit Vorhängen verdunkelt sein, und jede Türe muss abgeschlossen werden, bevor die nächste geöffnet wird, Massnahmen für die Kinder, die nie direktem Tageslicht ausgesetzt werden dürfen.
Die psychischen Konsequenzen dieser Isolation verstärken sich im Laufe der Geschichte und führen bei allen Bewohnern zu einer Sensibilität, die immer mehr in Hysterie ausartet.
Grace versucht ihre Einsamkeit und die Angst vor der unheimlichen Umgebung durch ihren eisernen Glauben in den Griff zu bekommen, den sie auch ihren Kindern aufzwingt.
Anne ängstigt ihren kleinen Bruder mit Gruselgeschichten und behauptet, mit einem anderen Kind, Victor, dass ebenfalls im Haus wohnt, zu kommunizieren.
Grace geht gegen Anne's Fantasien mit Bibellesen vor.
Doch als sie auch Geräusche und Stimmen aus dem oberen Stockwerk hört, wird klar, dass nichts mehr ist wie es scheint...
Eindrucksvoll, tiefgründig, boshaft, niederschmetternd, ausfüllend und einnehmend - diese und andere Worte kommen einem bei "The Others" in den Sinn.
Regisseur Alejandro Amenábar, der mit "The Others" seinen ersten Film in englischer Sprache drehte, erinnert vom Aufbau her an "The Sixth Sense".
Wesentliche Komponente ist die ausgezeichnete Leistung von Nicole Kidman,
die sich voll und ganz in die Rolle der strengen, autoritären, herrischen und unzweifelhaft katholischen Grace einlebt, beschreitet eine schmale Gradwanderung zwischen unbeugsamer Stärke und lähmender Schwäche.
Wie sie immer wieder zwischen couragierter Mutter und verängstigter, einsamer Frau, zwischenstrengem und liebevollen Umgang mit ihren Kindern schwankt ist schlichtweg genial. Kidman strahlt behagliche Wärme und unheimliche Kühle zugleich aus.
Auch die beiden jungen Darsteller können voll und ganz überzeugen, gerade sie hätten zu einer Schwachstelle des Films werden können, aber beide schaffen es, die Angst und auch den Mut der beiden Kinder meisterhaft darzustellen.
Die Atmosphäre in "The Others" ist so dicht,dass man sie fast greifen kann,das alte Landhaus bietet eine unglaublich stimmungsvolle Kulisse,mit seinen vielen,altmodisch eingerichteten Zimmern,den verwinkelten Gängen,den unbewohnten Räumen und den dicken,ständig zugezogenen Vorhängen.Auch der genretypische Nebel trägt mit zu der unheimlichen Stimmung bei,die im Verlauf des Films immer weiter zunimmt.
"The Others" bedarf keiner aufwendigen Special-FX, sondern lebt von dem schlichten Aufbau der Szenen und den tiefen Charakteren der kleinen Personenanzahl.
Der Zuschauer wird in einen Bann gezogen, der nicht zuletzt daraus erwächst, dass man die verworrenen und veschlungenen Informationen, welche die Handlung nach und nach abgibt, erfassen möchte. Es ist ein Film voller Andeutungen und mysteriöser Bemerkungen.
Das Ende aber, stellt eine Überraschung dar, auf die Alejandro Amenábar stolz sein kann.

5 von 5 Sternen

Sunday, October 23, 2005

The Hours - Von Ewigkeit zu Ewigkeit

Directed by Stephen Daldry

Drei der besten, zeitgenössischen Schauspielerinnen (Kidman,Moore,Streep)
in einer mitreißenden ,geschickt verwobenen Geschichte.
Stephen Daldrys ungewöhnlich gefühlvoller, dabei niemals "weinerlicher" oder gar schmalziger Streifen nach Romanvorlage von Michael Cunningham (Pulitzer-Preisträger von 1998) setzt sich aus 3 im Prinzip unabhängigen, aber dennoch erzählerisch miteinander verwobenen Handlungen zusammen.
Es ist das kurze Bild eines Flusses, mit dem Daldrys Film beginnt.
Zunächst wäre da die in den 40ern lebende Virginia Woolf (kaum erkennbar: Nicole Kidman, mit falscher Nase!), die an schweren Depressionen leidet, als sie das Buch "Mrs.Dalloway" schreibt. Es ist Leiden, das Virginias Arbeiten definiert.
Ihr eigenes Leiden, kanalisiert in die Bücher, die sie schreibt - die einzige Möglichkeit für sie, sich in den Rahmen von Kunst und Poesie und nicht in denen von Krankheit und Behandlung zu artikulieren.
Woolf ist eine begnadete Schriftstellerin, die allerdings wie viele geniale Köpfe mit ihrem eigenen Verstand zu kämpfen hat - Wahnvorstellungen machen ihr das Leben zur Hölle. Nachdem sie versucht hat, sich selbst das Leben zu nehmen, reisst ihr liebevoller Mann Leonard die Notbremse und zieht mit ihr aus der Großstadt aufs Land - in der Hoffnung, dass die Ruhe und eine permanente ärztliche Betreuung sich positiv auf den Zustand seiner Frau auswirken.
Sie plant eine große Feier für ihren Gatten in ihrem Haus im vornehmen Londoner Stadtteil Westminster. Doch während der Vorbereitungen verliert sie sich in ihren Erinnerungen und Gedanken, die sich zu einem Gewebe aus zufälligen Begegnungen, Verabredungen und schmerzlichen Abschieden zusammenschließen. Dabei stellt sie sich zunehmend selbst die Frage nach dem Sinn des Lebens - ist es noch lebenswert? Der Wunsch in ihr nach dem alles erlösenden Freitod wird immer größer.
Woolfs Werk beeinflusst zwei weitere Frauen zu einer anderen Zeit.
Laura Brown (Julian Moore) lebt in den 50ern, führt das perfekte Leben - jedoch nur oberflächlich betrachtet.
Eine geduldige Mutter eines Kindes und schwanger mit dem nächsten, mit einem sie liebenden Mann, einigen Freunden, und einem ruhigen, scheinbar ausgeglichenen Leben.
Doch auch sie fällt der Schwermut zum Opfer. Die rothaarige, unscheinbare Frau, die Virginia Woolfs "Mrs. Dalloway" liest, lebt in einer vollkommenen Traurigkeit.
In ihr wächst die Erkenntnis, dass sie entweder ihre Familie verlassen muss oder sie letztendlich wie Virginia Woolf enden wird.
Die dritte Person weilt hingegen in der Gegenwart.
Clarrisa Vaughan führt zwar eine lesbische Beziehung, doch von dieser ist sie selbst nicht mehr überzeugt, einzig ihre Tochter Julia (Claire Danes) gibt ihr noch Halt, doch diese verschwindet aufgrund ihres Studiums immer mehr aus ihrem Leben. Glücklich ist sie nur noch dann, wenn sie sich mit mütterlicher Sorgfalt um ihre ehemalige Jugendliebe, den ebenfalls homosexuellen und aidskranken Richard (Ed Harris), kümmern kann. Dieser erkennt Clarissas Dilemma, versucht ihr die Augen zu öffnen und die Freude am Leben wieder zu vermitteln, bevor es für sie und für ihn zu spät ist.
Clarissa plant ein ausschweifendes Fest zu Ehren ihres AIDS-kranken Freundes, der für sein Lebenswerk mit einem bedeutenden Preis ausgezeichnet werden soll. Doch das Planen dieser Feier gestaltet sich als schwierig, wenn sie in ihren Gesprächen mit Richard erfährt, wie wenig er davon überzeugt ist, dass er diesen Preis wegen seiner Arbeit, als denn vielmehr wegen seines Überlebens erhält.
Sie hat offenbar (bewusst od. unbewusst) die starke Romanfigur der Autorin Virginia Woolf zum Vorbild.
Trotz aller nur möglichen Schicksalsschläge gibt sie ihren Lieben Kraft und meistert voller Tatendrang ein ungerechtes, irgendwie grausames Leben.
Die Lösung jedoch, die des ganzen Films, der 3 Geschichten, der 3 Personen,
dieses Schicksal kommt mit einer überraschenden Wende gegen Ende zu einem dramatischen Schluss.
Toll agierende Leistung der 3 Stars, sowie Nebendarstellern (Ed Harris, Jeff Daniels)
, werden von Daldry zu einem tollen Ganzen zusammengefügt.
The Hours ist ein Film voller Tiefe, der jedoch nicht überladen wirkt.

5 von 5 Sternen